Wirtschaftskriminellen auf der Spur

Referent

Wirtschaftskriminelle haben im Jahr 2013 in Deutschland laut Bundeskriminalamt einen Schaden von mehr als 3,8 Mrd. € angerichtet. Wie man ihnen auf die Spur kommt, erläuterte Raoul Claassen als Ermittler der Wirtschaftsdetektei DETEK AG mit Sitz in Hannover am 9. Juni 2015 im Presse Club. Eingeführt von unserem Mitglied Dr. Thomas Borcholte, Aufsichtsratsvorsitzender des 1979 gegründeten Unternehmens, versicherte Classen „Wir tragen durch unsere Arbeit dazu bei, dass andere zu ihrem Recht kommen.“

Zu unterscheiden sei zwischen staatlicher und privater Spionage. China und Russland etwa versuchten mit hoher Professionalität wirtschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, private Spionage richte sich vor allem auf Erkenntnisse über Vorgänge in ähnlich gelagerten Betrieben. 80 % der Auftraggeber seiner Detektei kämen aus der Wirtschaft, 20 % seien Privatkunden.

Ermittler sei kein anerkannter Beruf, es gebe keine Ausbildung, die etwa 1.500 privaten Ermittler in diesem Bereich mit einem Durchschnittsalter zwischen 56 und 60 Jahren seien ehemalige Polizisten und Mitarbeiter staatlicher Behörden wie Bundesnachrichtendienst, Kriminal- oder Verfassungsschutzämter. Dazu kämen Experter aller Fachrichtungen wie Kunst, Geschichte oder Spezialisten für bestimmte Wirtschaftsvergehen. „Leider sind kaum Frauen dabei“, bedauerte Claassen, „dabei sind sie häufig bessere Beobachter als Männer.“

Haupteinsatzgebiete für eine Wirtschaftsdetektei seien Produktpiraterie, die Ausspionierung von Konkurrenten in Bezug auf Produkte, Produktionsmethoden oder Marketingstrategien. Inzwischen gebe es auch immer mehr Fälle von gezielten Desinformationen, um Mitbewerbern nachhaltig zu schaden. Dazu sei das Internet zum Beispiel vorzüglich geeignet, etwa um „Shitstorms“ auszulösen. An zahlreichen spannenden Beispielen schilderte Claassen, wie man den Wirtschaftskriminellen auf die Spur kommt. Stichworte dazu sind plötzlicher Reichtum von Mitarbeitern, ungewöhnliche Anrufe oder verschwindender Briefverkehr.

„Vieles ist Kleinarbeit“, versicherte der Wirtschaftsdetektiv, „dabei ist die Technik sehr hilfreich.“ Niemand müsse etwa einem Auto hinterherfahren, das Fahrtprofil erstelle schon ein kleiner Sender unter der Karosserie. Recherchen im Internet, in Datenbanken und technische Aufklärung ersetze häufig die zeitaufwändige Observation. Interessanterweise seien vor allem in den neuen Bundesländern noch immer Seilschaften aus dem Ministerium für Staatssicherheit  der ehemaligen DDR unterwegs. „Die machen uns schon mal mit eigenen Detekteien Konkurrenz.“

Ein Remake aus den Zeiten früheren Schriftverkehrs sei zu verzeichnet, berichtete Claassen, die gute alte Schreibmaschine komme zu neuen Ehren, weil sie keine Spuren im Internet hinterlasse. Freilich sollte man die damit produzierten Schriftstücke nicht über den Altpapiercontainer entsorgen, weil hier die Spione der Konkurrenz gern Dokumente abfischten.

Bericht: Ulrich Eggert