Permanent im Wandel: VW Nutzfahrzeuge in Stöcken

Im Stammwerk von VW Nutzfahrzeuge in Stöcken

Am 14. Mai 2024 hieß es wieder einmal „PCH vor Ort“. Der interessante Ort lag diesmal hoch im Norden Hannovers: Es war das Stammwerk von VW Nutzfahrzeuge in Stöcken. Eingeladen hatte Antje Maas, seit knapp einem Jahr Leiterin Kommunikation der Nutzfahrzeugsparte von Volkswagen. 18 Mitglieder und Gäste des Presse Club Hannover nutzten die Gelegenheit zu einem ausgiebigen Blick hinter die Kulissen. 

Antje Maas hieß uns willkommen und stellte ihr Team vor. Protagonisten an diesem Abend waren Tobias Riepe und Tobias Pfeiffer. Riepe, Leiter der Wirtschaftskommunikation, bestritt den theoretischen Teil, d.h. er gab einen Überblick über den Standort, die Marke, die Entwicklung der Produktpalette, neue Mobilitätskonzepte und Zukunftsstrategien. Sein Vornamensvetter Tobias Pfeiffer übernahm anschließend die Gruppe für die Werksführung.

Seit 1995 ist Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) eine eigene Marke innerhalb des VW-Konzerns. Das Werk in Stöcken gibt es schon viel länger: Am 8. März 1956 lief im „Transporterwerk Hannover“ der Betrieb an. Damals lautete das Konzept „Maximaler Nutzen für die mittelständische Wirtschaft“, heute heißt es „Fahrzeuge für Gewerbe und Freizeit“. Im Jubiläumsjahr 2021, in dem das Werk Hannover 65 wurde, summierte sich die Produktion auf mehr als 10,2 Millionen Fahrzeuge, davon 9,2 Millionen der legendären Bullis. Im gleichen Jahr wurde der neue Multivan präsentiert, ein Jahr später startete die Produktion des vollektrischen Bulli-Nachfolgers ID. Buzz.

Als weitere Mitglieder der Nutzfahrzeugfamilie waren 1975 der Lastentransporter LT dazugekommen, 1982 der Caddy (als Pick-up, entwickelt auf Golf-Basis), 1988 das Reisemobil California, 2006 der Crafter und 2010 der Pick-up Amarok. Im vergangenen Jahr trugen 12.800 Beschäftigte dazu bei, dass rund 410.000 Fahrzeuge ausgeliefert wurden. Sie bescherten dem VW-Konzern 15 Milliarden Euro Umsatz.

Produziert werden in Stöcken Transporter (die T-Modellreihe), der Multivan, der ID. Buzz und dessen Cargo-Variante. Die Multivan-Produktion sei zu 93 Prozent automatisiert, erzählte Pfeiffer. Anders verhält es sich beim Reisemobil California. Das wird nicht in Stöcken gefertigt, sondern seit 2003 in Limmer. 500 Mitarbeitende fabrizieren die Camper dort nicht komplett, sie bekommen aus Stöcken quasi Rohlinge geliefert: Fahrzeuge ohne Dach, mit leerem Rückraum. Die werden dann den Kundenwünschen entsprechend ausgebaut – es gibt ja unzählige Ausstattungsoptionen. Im vergangenen Jahr rollte das 200.000ste Exemplar aus dem kleinen Werk. Eine Woche vor unserem Besuch hatte Volkswagen die neue Version des Kultmobils vorgestellt. Es basiert auf der Langversion des Multivans – das Vorgängermodell hatte noch auf dem T6.1 aufgebaut – und wird serienmäßig mit Aufstelldach und einer zweiten Schiebetür angeboten.

Zurück nach Stöcken: „Das Werk ist permanent im Wandel, erklärte Tobias Pfeiffer. „Mit den Modellen ändern sich die Produktionslinien.“ Eine große Änderung steht im Sommer an: Ende Juni läuft die Produktion des VW T6.1 aus, des meistverkauften Modells innerhalb der Nutzfahrzeugsparte. Ab dem 1. Juli 2024 gilt das neue UN-Regelwerk zur Cybersicherheit für alle Neufahrzeuge. Um die verschärften Anforderungen hinsichtlich IT-Sicherheit und Software-Updates zu erfüllen, hätte VW den in Bezug auf seine konstruktive Basis bereits sehr alten Bulli umfangreich aktualisieren müssen. Davon sah man ab.

Die Autos, die noch bis zum Stichtag 30. Juni gebaut werden, sind seit Langem ausverkauft. Bereits Anfang 2023 seien die Auftragsbücher für den Transporter in all seinen Varianten so voll gewesen, „dass Bestellstopps verhängt wurden“, so Riepe. Ebenso verhält es sich beim Nachfolger des Bulli: Der steht schon bereit, soll aber erst im Herbst offiziell vorgestellt werden, bei der Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation im September in Hannover. Wegen großer Nachfrage schon lange vorher wurde nach 3.000 Bestellungen der Vorverkauf erst mal gestoppt. Der Neue wird übrigens gemeinsam mit Ford produziert: „alles unten ist Ford, alles oben VW“.

Tobias Riese gab abschließend einen Ausblick auf den aktuellen Stand in Sachen Autonomes Fahren („wir sind sehr weit, aber betont zurückhaltend“) und kündigte „innovative Lösungen, die die Mobilität des nächsten Jahrzehnts entscheidend prägen werden“ an. Es geht darum, die Mobilität der Menschen im urbanen Raum neu zu definieren. Mit MOIA, dem Mittelding zwischen Öffi und Taxi, ist VW diesbezüglich in Sachen "Mobility as a Service/Transportation as a Service" auf den Testmärkten Hannover und Hamburg unterwegs.

Bevor Tobias Pfeiffer mit der Gruppe zur Werksführung aufbrach, bedankte sich Holger Bahl im Namen des Presseclubs bei Antje Maas für die Einladung. Weil das Werksgelände an der Mecklenheidestraße mit 1,1 Millionen Quadratmetern etwa so groß ist wie 152 Fußballfelder, fand die Werksführung als „rollendes Pressegespräch“ statt. Dafür wurden wir Gäste auf drei Kleinbusse vom Typ Multivan Hybrid verteilt. Während der Mini-Konvoi durch die Produktionshallen und das Presswerk rollte, bekamen wir Werkzeuge für die verschiedenen Pressen zu sehen, Coils (Blechrollen) in allen Größen, hektisch zupackende Roboter und von der Decke herabschwebende Seitenteile. Die 2015 in Betrieb genommene Großpresse PXL 91.000 arbeite auch für andere Marken im VW-Konzern, erklärte Pfeiffer. 


Bericht: Anne Schneller
Fotos: Ira Thorsting, Thomas Borcholte