Hannover – Großstadt im Grünen, oder ... ??

Vanessa Erstmann bei ihrem Vortrag

Wer so wie ich nicht in Hannover geboren ist, hier aber schon mehrere Jahrzehnte lang lebt, der kann nicht nachvollziehen, dass das Image von Hannover nicht besonders gut ist. Denn es lässt sich hier meiner Meinung nach vortrefflich wohnen, leben, arbeiten. Eine Großstadt im Grünen, vieles ist fußläufig zu erreichen, Kunst und Kultur werden großgeschrieben und es gibt eine Fülle von interessanten Unternehmen, für die zu arbeiten Freude macht.

Und doch sind schon seit dem 18. Jahrhundert kritische Bemerkungen über Hannover wie die von Johann Christoph Lichtenberg, der Hannover erstmals geodätisch vermessen hat, im Umlauf. Er meinte: „Hannover – kein so übler Ort bei schlechtem Wetter.“ Und auch der in Hannover geborene Philosoph Theodor Lessing spottete um 1900: „Reden wir von Hannover – das wird genügend harmlos sein.“

Bei der Jahresauftaktveranstaltung des Presse Club Hannover kam all das und noch viel mehr zur Sprache. Vanessa Erstmann stellte ihr spannend geschriebenes und reichbebildertes Buch vor, dessen zweite Auflage gerade im Olms-Verlag erschienen ist. Fast 470 Seiten stark ist das Werk, die ungekürzte Ausgabe ihrer Dissertation, mit der sie 2021 promoviert wurde. Ein Werk, das es in sich hat und das sicher noch viele Jahrzehnte lang als Standardwerk für die Geschichte der Imagepflege in Hannover gelten wird. 

Erstmann arbeitete heraus, dass Hannover für viele Menschen, die von außen auf die Stadt schauen, irgendwie als graue Maus unter den Großstädten Deutschlands erscheint. Bereits seit dem späten 19. Jahrhundert sei die Stadt daher auf der Suche nach einem besseren Image. Das machte Erstmann in ihrem spannenden und hochinformativen Vortrag deutlich. Der erste Slogan „Großstadt im Grünen“ aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts hob die unbestreitbaren Vorzüge Hannovers hervor, taugte aber nicht wirklich als Alleinstellungsmerkmal. Die Versuche, Hannover als Kongressstadt oder Sportstadt zu profilieren, fruchteten ebenfalls nicht wirklich. Selbst den großen Messen und der EXPO 2000, der ersten Weltausstellung auf deutschem Boden, gelang es nicht, das Image dauerhaft zu verbessern. 

Feuerwerkwettbewerb, Maschseefest, Flohmarkt, herausragende Kunst in der Stadt – das alles waren und sind Dinge, die für Hannover sprechen und ihr Publikum finden. Aber es fehlt eine verbindende Linie, ein eingänglicher Slogan und vielleicht auch ein bisschen mehr Geld, um die Vorzüge der Stadt wirklich imagefördernd zu vermarkten. Am Ende des Abends und nach einer lebhaften Diskussion stand fest: Es bleibt also noch viel zu tun für Hannovers Stadtpolitik, und noch mehr für die Hannoveranerinnen und Hannoveraner selbst. Sie sind die besten Botschafter für eine tolle Großstadt im Grünen, in der es sich wundervoll leben lässt. So das Fazit der Gäste unserer Jahresauftaktveranstaltung, die einhellig der Meinung waren, dass Hannover viel, viel besser ist als sein Ruf. Dem kann ich nur beipflichten!

Text: Dr. Sabine Wilp
Fotos: Thorsten Luhm