Als Stephan Weil (SPD) das Amt des Oberbürgermeisters in Hannover übernahm, trat er 2006 in den Presse Club ein.
Seitdem war Weil nicht nur immer wieder als Redner zu Gast, sondern über mehrere Jahre auch Namensgeber der Politik-Talkshow „Warum, Herr Weil?“, die aus dem Presse Club gesendet wurde. In der h1-Sendung diskutierte der frühere Stadtkämmerer in seiner Funktion als Chef der Landeshauptstadt einmal im Monat über kommunalpolitische Themen.
Am 20. Januar wurde Stephan Weil zum Ministerpräsidenten des Landes Nieder-sachsen gewählt. Damit stammt der Landesvater nun aus den Reihen des Presse Club Hannover. Das Rathaus hat er inzwischen verlassen und regiert nun unweit seines bisherigen Arbeitsplatzes in der Staatskanzlei. Dem Presse Club bleibt Weil aber treu und spricht im Interview über seine ersten Wochen im Amt.
Herr Weil, erst vor wenigen Wochen wurden Sie zum Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen gewählt. Was, können Sie bisher feststellen, ist schöner an Ihrem neuen Amt als an dem des Oberbürgermeisters?
Oberbürgermeister von Hannover zu sein, hat mir viel Freude gemacht, aber das Amt des Ministerpräsidenten ist auch sehr schön und womöglich noch herausfordernder. Die Themenbereiche und die Verantwortung sind größer als Chef einer Landesregierung. Unsere ersten Wochen im Amt waren zum Beispiel geprägt von nationaler Energiepolitik und der Suche nach einem sicheren Endlager für Atommüll. Auch die Ebenen, auf denen ich jetzt unterwegs bin, sind vielfältiger. Schon in den ersten knapp vier Wochen war ich mehrfach in Berlin, bin nach Brüssel gereist und in zahlreiche Städte und Orte in Niedersachsen. Wir sind ein gutes Team in der Landesregierung und ich fühle mich auch in der Staatskanzlei inzwischen sehr wohl – ja, das neue Amt gefällt mir sehr gut.
Was ist für Sie gewöhnungsbedürftig nach dem Wechsel von der Kommunal- in die Landespolitik?
Ein wenig gewöhnungsbedürftig sind die doch sehr viel komplexeren Abstimmungsvorgänge beispielsweise im Vorfeld einer Ministerpräsidentenkonferenz oder einer Bundesratssitzung. Mitunter würde ich gerne rascher zum Ziel und zu positiven Veränderungen kommen, das war leichter als Oberbürgermeister.
Welche Rolle werden Sie als Landesvater einnehmen? Wollen Sie wie Ihr Vorgänger David McAllister hauptsächlich in Niedersachen zu sehen und hören sein oder auch in Berlin stärker Akzente setzen?
Gerade weil mir das Wohl und die Entwicklung Niedersachsens sehr am Herzen liegen, bin ich überzeugt davon, dass ich als niedersächsischer Ministerpräsident auch in Berlin und Brüssel präsent sein muss. Nehmen Sie als Beispiel nur die Debatte um ein Endlagersuchgesetz oder um die Abschaffung des unsäglichen Betreuungsgeldes zugunsten von mehr Bildung in Niedersachsen. Der Bund und Europa bestimmen nun einmal maßgeblich die Entwicklung bei uns in Niedersachsen.
Über welches Feedback zu Ihrer Arbeit würden Sie sich von den Niedersachsen nach den ersten fünf Jahren als Ministerpräsident freuen?
Zufrieden wäre ich, wenn die Menschen in unserem Land uns nach fünf Jahren sagen würden, dass es uns tatsächlich gelungen ist, das Bildungssystem in Niedersachsen so gut aufzustellen, dass wirklich alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrem Elternhaus eine optimale Förderung bekommen, oder dass wir klug und umsichtig die Herausforderungen des demographischen Wandels in Niedersachsen bewältigt haben und die Menschen an allen Orten in unserem Land wenn auch nicht gleiche, so doch gleichwertige Lebensbedingungen vorfinden, oder dass wir es zumindest für Niedersachsen erreicht haben, dass die Menschen Arbeit finden und auch alle von guter Arbeit wieder leben können und nicht wie bislang immer häufiger Dumpinglöhne durch aufstockende Sozialleistungen ergänzt werden müssen. Persönlich würde ich mich freuen, wenn mir die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land nach fünf Jahren das Feedback geben würden, bürgernah geblieben zu sein und mit Schwung und sichtbarer Freude viel für Niedersachsen getan zu haben.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident, für das Interview!
Das Gespräch führte Helge Fuhst.
Foto: Staatskanzlei Niedersachsen