Junioren vor Ort: Bye-bye, Biene?

Bienen

Honig und Infos satt: Die Junioren haben sich am 12. Juni 2014 zwischen Zehntausende Bienen gewagt. Reinhold Hergemöller vom Landesverband Hannoverscher Imker und Werner von der Ohe, Leiter des Instituts für Bienenkunde in Celle, standen in Hannover-Badenstedt Rede und Antwort. Dort versorgt Imker Hergemöller einige seiner Völker in einem Garten.

Die Teilnehmer lauschten dem Fachwissen der Experten und tauchten eineinhalb Stunden lang ein in die faszinierende Welt der Honigbiene. Jetzt wissen sie unter anderem:

Bienen können 5-milliardenfach so gut riechen wie wir Menschen. Sehr vieles in ihrer Welt spielt sich über Gerüche ab. So weiß beispielsweise jede Biene über die Geruchssensoren, wie es gerade um die Königin bestellt ist.

Preußische Ordnungsliebe mag ja oft okay sein. Aber Logistiker haben sich an den Bienen und ihrer Schwarmintelligenz schon ein Beispiel genommen und heraus-gefunden, dass zu viele Regeln gar nicht gut sind. Hauptsache, niemand behindert den anderen oder muss zu lange suchen. Der Rest findet sich dann schon – und zwar schneller als in einem System, das für alles einen vorgegebenen Weg hat.

Auch die flachen Hierarchien im Bienenschwarm dienten der Wirtschaft schon als Beispiel. Lkw-Flotten in den USA haben einfach mal ihre Trucker gefragt, mit welchen Lastern und mit welcher Fracht es auf welchen Strecken denn am günstigsten laufe – und schon flutschte alles besser.

Junge Königinnen fliegen in die „Kneipe“ oder „Disco“ – so nennen Experten im Scherz den Sammelplatz der Drohnen, an dem die Königinnen begattet werden. Die Kneipe oder Disco ist immer eine gute Ecke weit weg im Gebiet anderer Völker, damit der Genpool-Mix auch stimmt. Wenn Bienen erst einmal begattet sind, reicht ihr gespeicherter Spermienvorrat bis zu fünf Jahre.

Herrscht Durchzug im Bau, besorgen sich Bienen Kitt aus der Natur. Etwa das klebrige Sekret von Kastanienknospen. Und dann wird damit abgedichtet.

Bienen haben nur noch ein Drittel der Gene, die zum Beispiel eine Fruchtfliege für den Aufbau eines Immunsystems benutzt. Stattdessen haben die Bienen das Bekämpfen von Krankheiten größtenteils als Aufgaben in den Sozialstaat verlagert. Ihr Kittharz beispielsweise (Propolis) wirkt wie ein Antibiotikum.

Bienen sind friedliche Tiere. Sie stechen nur bei äußerster Gefahr, zum Beispiel wenn ein Bär das Nest ausrauben will. Für Menschen gilt: Langsame Bewegungen können Bienen fast gar nicht registrieren, hektische dagegen schon.

Wenn sich Bienen nun doch einmal von Menschen bedroht fühlen, attackieren sie meist die Nase. Im Laufe der Evolution haben sie nämlich gelernt, dass Ihr Hauptfeind – der Bär – nur an der Nasenspitze am besten zu erwischen ist. Vermutlich dient den Bienen bei der Attacke auf die Nase das Blitzen der Augen als Orientierung, aber auch der Geruch des Atems dürfte eine Rolle spielen.

Der berühmte Honigtanz, mit dem die Tiere einander über gute Futterquellen informieren, läuft vor allem über Schallsignale ab. Er wird von den Bienen also gar nicht visuell wahrgenommen – ginge auch schlecht in der Dunkelheit des Nestes.

Die Wabenarchitektur der Bienen mit ihren sechseckigen Zellen ist ein Naturwunder. Geringster Materialeinsatz bei bester Stabilität und effektivstem Speicherplatz – diesen Dreiklang haben die Bienen im Laufe der Evolution perfektioniert. Die Hummeln sind da übrigens noch nicht so weit, die haben noch plumpe Töpfe.

Rund 5,5 oder mehr als 6 Millimeter: Die Größe der Waben entscheidet über die Zukunft der Larve. Die größeren sind für die Drohnenbrut, den kleineren entschlüpfen Arbeiter. Bei den Königinnen stehen die äußerst geräumigen Zellen in einem anderen Winkel und es gibt bei der Aufzucht erlesenes Futter, das sogenannte Gelée Royale. Das königliche Fressen aktiviert sogar bestimmte Gene. Dieses Beispiel der Epigenetik ist für die Krebsforschung interessant.

Die erste geschlüpfte Königin tutet. So hört es sich zumindest für menschliche Ohren an. Die übrigen Königinnen, die noch in den Waben stecken, antworten darauf. Das klingt dann wie ein dumpfes Tuten. Der zuerst geschlüpften Königin dient das als Orientierungshinweis: Sie sticht die Konkurrentinnen kurzerhand tot.

Bienen können ihre Flügel auskuppeln. Wenn sie ihren Brustmuskel dann bewegen, als ob sie fliegen wollten, entsteht nur Wärme. Damit heizen sie den Stock. 30 Grad sind drin. Selbst bei Minusgraden im Winter kommt das Volk noch auf Wohnzimmertemperaturen.

Das Wärmen der Brut geht für das Bienenvolk über alles. Die Tiere würden trotz voller Futtertöpfe in den Waben nebenan nicht vom Nachwuchs abrücken und notfalls erfrieren. Bienen sind bekanntermaßen fleißig. Aber nur, wenn das Wetter stimmt. 14 Grad sollten es schon ein.

Bericht und Fotos: Heiko Lossie