in medias res: Leistungsschutzrecht

Podium

Am 7. Oktober diskutierten im Kastens Hotel Luisenhof Ralf Bremer (Leiter Politische PR von Google Deutschland), Christopher Buschow, (Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung in Hannover), Robert Dunkmann (Zeitungsgruppe Ostfriesland) und Joerg Heidrich (Fachanwalt für IT-Recht und Justiziar Heise Zeitschriften Verlag) über die Folgen des Leistungsschutzrechtes für die traditionellen Zeitungsverlage. Rund 70 Gäste – darunter auch Studierende – folgten einer lebendigen und kontroversen Diskussion, die Hartwig von Saß fachlich souverän moderierte.

Dunkmann warb für das Leistungsschutzrecht, weil es den Verlagshäusern die Chance biete, gegen die „Taste and copy“-Praxis vorzugehen und den Qualitätsjournalismus zu erhalten. „Nachdenken und Recherchieren kostet Geld“, sagte Dunkmann. Er räumte ein, dass viele Verlagshäuser „die digitale Transformation verschlafen hätten“ und nun sehr schnell in die digitale Zukunft investieren müssten. „Aber das kostet Geld und Zeit und viele Verlage sind das 'Trial-and-Error-Denken' noch nicht gewohnt.“ Es sei schwer, sich von einem fast 150jährigen Erfolgsmodell zu verabschieden. Er kritisierte auch den „selbstverständlichen Anspruch, im Internet alles kostenfrei zu erhalten.“

Früher, so Dunkmann, habe man eine Überschrift gelesen und dann oft die Zeitung gekauft. Seinen Verlag richtet er konsequent auf digitale Formate – in Verbindung mit einem Bezahlmodell – aus, denn „heute kommt niemand mehr in die Redaktion, um uns eine Neuigkeit zu erzählen. Er twittert die lieber selbst.“

Doch wenn der Qualitätsjournalismus (aufwändig recherchierte Hintergrundgeschichten zum Beispiel) für Leser nicht erfahrbar wird und die Lokalzeitung lediglich längst bekannte Meldungen vom Vortag enthält, dann „bestelle ich meine Zeitung eben ab“, sagte Heidrich. Der Fachanwalt konnte das Thema aus drei Perspektiven aus eigenem Erleben darstellen. Je nach 'Hut' - als freier Autor, beim Verlag angestellter Justitiar oder privater Bürgerrechtler – fällt die Beurteilung sehr unterschiedlich aus.

Für Heidrich liegt ein besonderes Problem darin, dass die Suchmaschinen wegen des Gesetzes künftig die Realität nicht mehr abbilden werden. Das freie, nahezu grenzenlose Suchen im Internet wird es bald nicht mehr geben. „Hier sind wir dann mit unserer Medienkompetenz gefragt, Themen richtig einzuordnen.“ Er wie auch Buschow sprachen sich dafür aus, den Blick stärker auf Zukunftsmodelle für den Journalismus zu richten. Buschow erinnerte daran, dass es in Deutschland rund 48.000 Journalisten gebe, die von ihrer Tätigkeit leben wollten. Er sprach sich für ein starkes Verlagswesen aus, aber gegen eine Gewinnorientierung zu Lasten der Journalisten, den eigentlichen Urhebern der Inhalte.

Das Internet lebt von Inhalten und von digitalen Strukturen, die Inhalte auffindbar machen. Das Verhältnis zwischen den Verlagshäusern und Google ist daher vom Geben und Nehmen geprägt. Auch wenn Google Verständnis für die Verlagshäuser habe, sehe es doch das argumentative Gewicht auf seiner Seite, sagte Bremer.

Google habe seit seiner Gründung vor 16 Jahren eine milliardenschwere Infrastruktur aufgebaut und leite Leser zu den Internetseiten der Verlage. „Die Google-User bleiben ja nicht bei uns, sondern ziehen weiter auf die Inhaltsseiten, die sie interessieren.“ Google unterstütze daher die Verlage – und die Journalisten, die kostenfrei die Tools nutzen könnten. Auch freie Journalisten sind auf schrankenlose Suchmaschinen angewiesen: „Ich brauche Google, weil darüber meine Werke öffentlich bekannt werden“, hieß es aus dem Publikum.

Deutschland, so Bremer, sei für Google unter dem Aspekt der Umsätze der drittwichtigste Markt weltweit. Daher bringe sich Google hier in alle Debatten ein und streite für seine Argumente – notfalls auch vor Gericht. Bremers verbindlicher Ton unterstrich in der Diskussion sehr deutlich, das umsichtige Agieren von Google in dieser Mediendebatte.

Die Veranstaltung war Auftakt für das neue, offene Diskussionsformat „in medias res“ des Presse Club Hannover zu aktuellen Themen mit politischer Dimension am Medienstandort Hannover. Die Rückmeldungen vieler Mitglieder aus anderen Medien-Verbänden zeigen, dass der PCH mit seinem Angebot zu einer stärkeren Netzwerkbildung der Medienschaffenden in Hannover richtig liegt.

 

Bericht und Fotos: Katharina Kümpel