Einblicke in die Tagesklinik für Männer im Klinikum Wahrendorff

Janina Tillmanns, Foto: Thorsten Luhm

Tiefe Einblicke in das Innenleben einer Tagesklinik gaben Oberärztin Janina Tillmanns und Psychologin Cassandra Anissa Penkov vom Klinikum Wahrendorff am 11. Juni 2024 im Presse Club Hannover. Lebendig, anschaulich und vor allem verständlich sprachen sie über das Thema Depression, das bekanntermaßen immer mehr Menschen umtreibt. Die Veranstaltung des Pressclubs war gut besucht und fand wieder im KunstLaden an der Lister Straße 3 statt.

Längst sind Depressionen kein Tabuthema mehr. Aber bei den Betroffenen, besonders den Männern, müsse der Leidensdruck schon extrem hoch sein, bis sie sich dazu entschließen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, berichtete Oberärztin Tillmanns.

Depressionen zählen zu den am meisten unterschätzten Krankheitsbildern. Jeder fünfte oder sechste Erwachsene ist davon betroffen. Bei Frauen wird die Krankheit häufiger diagnostiziert als bei Männern. Männer versuchen mit Ablenkungsmanövern, diese Krankheit nicht sichtbar werden zu lassen, berichtete Tillmanns. „Erfahrungen zeigen, dass Männer in seelischen Krisen und bei psychischen Erkrankungen anders als Frauen reagieren. Um gezielt helfen zu können, haben wir im Jahr 2011 die bundesweit erste Tagesklinik für Männer ins Leben gerufen.“

Die Praxis zeigt, dass Männer unter sich gemeinsam erfolgreicher an ihren Problemen arbeiten können als in gemischten Gruppen. Das ist der Grund, warum im Klinikum Wahrendorff das Konzept getrennter Tageskliniken verfolgt wird. In Norddeutschland habe das Konzept Alleinstellung. In den Tageskliniken für Männer und für Frauen arbeiten multiprofessionellen Teams. Die Behandlungsdauer der täglichen Aufenthalte liege bei acht bis zehn Wochen, berichtete Tillmanns.

Tillmanns sprach über die häufigsten Krankheitsbilder Depression und Burnout, Somatoforme Störungen, Angsterkrankungen, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen. In  der Tagesklinik werden Männer medizinisch, psychotherapeutisch und in Gruppentherapie behandelt. Die Oberärztin rief dazu auf, achtsam mit dem Körper umzugehen und Symptome wahrzunehmen.

Sie klärte darüber auf, worin Belastungsfaktoren bei Männern bestehen. Beruflich sind das vor allem Angst vor Jobverlust oder mangelnde Anerkennung, privat Konflikte, Sorgen und Angst vorm Älterwerden. Außerdem sprach sie von kritischen Life-Events wie Kindergeburten, Hochzeit, Trennung. Angst löse auch die Erkenntnis aus, nicht mehr alle Rollen bewältigen zu können.

Als belastend empfinden es laut Tillmanns viele Männer, zwischen die Stühle von Entwicklungen und gesellschaftlichen Veränderungen zu geraten. Es kollidierten die traditionellen Grundwerte mit der modernen Zeit. Stark und mutig werde durch "ruhig und Schwäche zeigen" ersetzt. An die Stelle von „keine Gefühle zeigen“ trete die Einstellung, über Gefühle reden zu können. Kontrolliert und rational wandelt sich in Teamplayer und kommunikativ sein. Der Ernährer und Beschützer wandelt sich in „erfolgreich im Job, aber auch Haushaltsmanager“.


Janina Tillmans hat uns die Präsentationsfolien ihres Vortrags zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür! Sie können sie hier ansehen (PDF).

Text: Holger Bahl
Fotos: Holger Bahl, Thorsten Luhm, Klaus Ritgen, Dr. Sabine Wilp