Gelungener Jahresauftakt der Sir-Greene-Stiftung

Dunja Hayali mit Antonia Wellmann

ZDF-Moderatorin Dunja Hayali als Ehrengast, 200 Gäste bei der Bekanntgabe der Neuausrichtung: Die Sir-Hugh-Carleton-Greene-Stiftung des Presse Club Hannover ist mit einer gelungenen Veranstaltung fulminant ins neue Jahr gestartet.

„Qualitätsjournalismus – und wie er möglich ist“ war das Motto des Talks mit Dunja Hayali in den Räumen des Sparkassenverbands Niedersachsen. Ja, Qualitätsjournalismus ist machbar, wenn Zeit für Recherche, Ressourcen und gelerntes Handwerk vorhanden sind. So die wichtigste Botschaft der Top-Journalistin, die 2016 die Goldene Kamera gewonnen hat. Und weiter: Entscheidend ist, dass Redakteure fundiert und authentisch berichten, den Perspektivwechsel eingehen, sich auf Fakten stützen. Und auch bei Gegenwind Gesicht zeigen.

„Das Berufsbild des Journalisten hat sich geändert. Wir sind als Journalisten durchlässiger geworden, können nicht nur unseren Job machen, sondern müssen mit den Menschen reden, ihre berechtigten Fragen beantworten.“ Warum berichten Redakteure so und nicht anders? Warum sind Aktualität, Neuigkeit wichtig bei der Auswahl von Themen? „Wir können und müssen unseren Job erklären, das trägt zur Glaubwürdigkeit unserer Branche bei.“  

Dunja Hayali, die Journalistin und Redakteurin „mit Migrationsvordergrund“ ist auch im Live-Talk die meinungsfreudige, treffsicher formulierende Frau/Medienschaffende/überzeugte Öffentlich-Rechtliche, die zu Recht mit der Goldenen Kamera 2016 in der Kategorie Beste Information ausgezeichnet wurde.

Selbstverständlich und ohne Zeigefinger spricht sie z.B. vom Migrationsvordergrund, weil das für sie Lebenswirklichkeit ist und sie diese gegen jede Rede vom „Migrationshintergrund“ vermitteln will. Doch noch wichtiger ist ihr Diversität, denn das sei die Lebenswirklichkeit der Menschen und die sei notwendig in Redaktionen. Und weil es noch immer die „gläserne Decke“ gibt, spricht sich Hayali heute auch für die Quote als „Übergangstechnologie“ aus.

Qualitätsjournalismus ist für Hayali dann möglich, wenn Redakteure, die ihr Handwerk verstehen, Zeit für Recherche aufbringen und in Ruhe Themen aufbereiten können, weil Redaktionen genug personelle Kapazitäten haben.

„Auch Journalisten haben Meinungsfreiheit“, sagt Hayali mit Blick auf viele Hate Speech, mit der sie immer wieder konfrontiert wird – nicht zuletzt aufgrund ihrer Herkunft. Auch wenn sie immer wieder direkt und öffentlich Stellung bezieht, z.B. auf ihrem Facebook-Account, sieht sie sich nicht als mutige Journalistin. Denn: „ Wir haben es sehr gut in Deutschland. Wir können frei berichten, keiner pfuscht uns in unsere Arbeit, es gib keine Drohung mit dem Gefängnis.“ Und auch wenn sie viel von sich preisgibt wie etwa in der Sendung „Kessler ist“, dann prüft sich doch regelmäßig, was sie sagt. „Denn es geht um die Nachricht, nicht um mich.“

Das Gespräch mit Dunja Hayali führte Antonia Wellmann, die bekannte Hannoversche Fernseh-Moderatorin (Sat1) und ehemalige Stipendiatin der Sir-Greene-Stiftung. Sie band auch das Publikum aktiv in den Talk ein, insbesondere die Zielgruppe der Stiftung: Nachwuchsjournalisten, Jung-Redakteure, Studenten der journalistischen Fachrichtungen, Volontäre und Auszubildende.

Fragen der jungen Journalisten zu beantworten ist ein Ziel dieser Jahresauftakt-Veranstaltung der Sir-Greene-Stiftung, die zum ersten Mal stattfand und die zukünftig jedes Jahr mit einer bekannten journalistischen Größe stattfinden soll. Das Motto:  „Ein Journalist von Rang plaudert aus dem Nähkästchen“. Und so waren auch die Fragen an Hayali: Lohnt sich Journalismus noch? Was ist Journalismus heute noch wert? Welche Tipps geben Sie Nachwuchsjournalisten? Würden Sie unter den heutigen Bedingungen noch empfehlen, Journalist zu werden? Wie habe Sie es geschafft? Die ZDF-Moderatorin jedenfalls plauderte offen und ausführlich – sehr zur Freude der zahlreichen Gäste.

Zu Beginn des Abends hatte die Sir-Greene-Stiftung eine umfassende Neuausrichtung bekannt gegeben, siehe Pressemitteilung. Die Vorstandsmitglieder Thorsten Hapke als Moderator des Abends und Hans-Peter Trojek erläuterten kurz, wie die Stiftung „Qualitätsjournalismus“ noch mehr in den Mittelpunkt stellen möchte. In Kurzform: durch eine Verdoppelung der Höhe der drei Stipendien, durch eine mittelfristig gesicherte Finanzplanung dank Sponsoren-Unterstützung, durch drei Veranstaltungen pro Jahr und eine Kooperation mit der Hochschule Hannover, um gezielt junge Menschen anzusprechen, die sich für den Beruf des Journalisten interessieren.

Hartmuth Schulz, Vorstandsvorsitzender der Sir-Greene-Stiftung: „Die Neuausrichtung ist ein großer Schritt nach vorne. Unsere Stiftung bietet ab jetzt ein Programm, das alle Nachwuchsjournalisten in Hannover und darüber hinaus anspricht. Und auch denen einen echten Mehrwert bieten, die trotz Bewerbung kein Stipendium bekommen.“ Hans-Peter Trojek ergänzte: „Es gibt in Deutschland nicht so viele Einrichtungen, die junge Journalisten fördern. Unsere Stiftung ist ein Aushängeschild für Hannover.“

Im Mittelpunkt der Stipendien bleibt die Förderung konkreter journalistischer Projekte. Hartmuth Schulz: „Das zeichnet uns aus. Wer eine gute Idee hat, hat bei uns die Chance, individuell gefördert zu werden.“ Als Beispiel nannte er die Berichtsserie über den EU-Austritt Großbritanniens und die Konsequenzen für die Menschen an der Grenze zwischen Irland und Nord-Irland, für die die Greene-Stiftung 2017 ein internationales Medien-Stipendium vergeben hatte.

Auch Ex-Stipendiatin Antonia Wellmann, die Dunja Hayali interviewte, zog eine positive Bilanz der Veranstaltung: „Mich hat das Stipendium der Sir-Greene-Stiftung beruflich damals sehr nach vorne gebracht. Und auch der heutige Abend war für mich ein Highlight: Für Dunja Hayalis Einstellung zu ihrem Job und ihre Geradlinigkeit und Authentizität habe ich allerhöchsten Respekt.“

Dunja Hayali und Antonia Wellmann: zwei Persönlichkeiten, die Mut machen und Vorbildcharakter für junge Journalisten haben – jede auf ihre Weise. Aus Hannover, von der Sir-Greene-Stiftung kann ein ermutigendes Signal ausgehen!
 

Bericht: Katharina Kümpel
Fotos: Torsten Hamacher