Ende einer Ära: Jürgen Köster gibt den Staffelstab weiter

Sabine Wilp und Jürgen Köster

„Länger als ein TikTok-Film, kürzer als eine Wagner-Oper“ würde dieser Clubabend dauern, sagte Dr. Sabine Wilp zu Beginn der Veranstaltung auf Nachfrage. Und erläuterte dann Anlass und Format dieses besonderen Abends:

Nachdem Jürgen Köster den Wunsch geäußert hatte, sein Amt als Vorsitzender des Presse Club Hannover vorzeitig niederzulegen, habe man überlegt, welcher Rahmen dafür infrage komme. Schnell war klar: „Es muss ein Presseclub-Abend sein. Was sonst? Und es muss ein Dienstagabend sein. Was sonst?“, so die (bisherige) stellvertretende Vorsitzende. Und es sollte auf keinen Fall eine „Verabschiedung“ sein, denn „wir wollen ihn ja wiedersehen“. Also habe man zur „Staffelstab-Übergabe“ am Dienstag, den 21. Mai 2024 in der Kestner Gesellschaft eingeladen.

An die Juristen im Raum gerichtet, fügte Wilp hinzu: „Eine Staffelstab-Übergabe gibt es in unserer Satzung nicht. Keiner wusste vor dreißig Jahren, dass wir das heute brauchen.“ Und natürlich werde man alles, was satzungsgemäß gemacht werden muss, auch machen. „Aber nicht heute und nicht morgen, sondern dann, wenn es dran ist: bei der nächsten Mitgliederversammlung.“ Bis dahin übernimmt Sabine Wilp kommissarisch das Amt der Vorsitzenden.

 

Jürgen Köster

Nachdem das geklärt war, berichtete Jürgen Köster, wie er bei der Gründung des Presse Club Hannover im Jahr 1994 zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden war – in Abwesenheit, denn er befand sich gerade auf einer Dienstreise. Kurz darauf trat der Vorsitzende zurück, Köster wurde damit automatisch zum amtierenden Vorsitzenden („wir haben das damals genauso gemacht wie heute“). Bei der nächsten Mitgliederversammlung wurde er zum Vorsitzenden gewählt und dann regelmäßig alle zwei Jahre in diesem Amt bestätigt. „Ich habe dieses Amt dreißig Jahre lang mit großer Freude ausgefüllt.“

In einer losen Reihe von unterhaltsam vorgetragenen Anekdoten ließ Jürgen Köster dann sein Berufsleben Revue passieren: von dem ersten Honorar für einen Zeitungsartikel, der seine Berufswunsch maßgeblich beeinflusst hat („da war für mich klar, was ich werde: Journalist!“) über verschiedene Stationen beim Hörfunk und die Gründung seines Unternehmens Heureka bis zu seiner jüngsten Aufgabe, der er sich seit Anfang 2024 bei der ZAG mit großem Elan widmet.

Verwoben waren diese persönlichen Erinnerungen auch – wie könnte es anders sein? – mit der Geschichte des Presse Club Hannover. So berichtete er anschaulich, wie es zum LeibnizRingHannover kam: „Der hatte einen Keks, aber die Leute wussten gar nicht, wer Leibniz ist.“ Köster wollte das ändern und gewann namhafte Vertreter der Stadtgesellschaft für die Idee eines LeibnizRingHannover, den der Presseclub seit 1997 insgesamt 25 Preisträgern verliehen hat. Auch die Gründung der Sir-Greene-Stiftung zur Förderung junger Journalisten im Jahr 2002 ging, natürlich, auf die Initiative des langjährigen Vorsitzenden zurück.

Anschließend teilten acht Mitglieder und Weggefährten ihre persönlichen Erinnerungen an Jürgen Köster mit dem Publikum.

Dr. Franz Rainer Enste

Den Anfang machte Dr. Franz Rainer Enste, Regierungssprecher a.D. Er berichtete, dass ihm bereits bei der ersten Begegnung mit Jürgen Köster im Jahr 1991 aufgefallen sei, dass dieser zur Begrüßung sagte: „Fein, dass wir uns kennenlernen.“ Nicht, wie man erwarten würde „Schön, dass wir uns kennenlernen“. Dieses „Fein, dass …“, das er später immer wieder von Jürgen Köster hörte, mache für ihn einen kleinen, aber feinen Unterschied, denn es sei Ausdruck einer großen Wertschätzung, bedeute ein hohes Maß an Empathie. „Auf Menschen zuzugehen, mit einer großer Menschenkenntnis, mit der Fähigkeit, für deine Ziele und deine Ideen zu begeistern, das macht dich aus, das hat dich so erfolgreich gemacht.“
 

Dr. Karl Gerhold

Dr. Karl Gerhold, Geschäftsführender Gesellschafter der GETEC und ein großzügiger Förderer des Presse Club Hannover, charakterisierte den scheidenden Vorsitzenden als bemerkenswerten, engagierten Menschen, der immer offen für Neues sei und auch mal gegen den Strom schwimme. Er berichtete davon, wie er als persönlicher Referent des NDR-Intendanten das Aufkommen des privaten Hörfunks in Deutschland erlebte, an dem Jürgen Köster maßgeblich beteiligt war – sozusagen ihre erste indirekte Begegnung, bevor sie sich später persönlich kennen- und schätzen lernten.
 

Torsten Hamacher

Torsten Hamacher – Journalist, Content Manager bei den Schlüterschen Fachmedien und Mitglied des Presseclub-Vorstands – bedankte sich bei Jürgen Köster „für viele Jahre der guten Zusammenarbeit, für kreativen Austausch und engagierte Diskussionen“. Er hob dessen „unfassbar starkes Netzwerk“ und sein grandioses Gespür für Themen, für Veranstaltungen hervor. Jürgen Köster habe dem Club einen sehr, sehr, sehr prägenden Stempel aufgedrückt. Umso spannender werde es sein, wie es jetzt weitergehe. „Lassen wir uns überraschen. Wir haben uns viel vorgenommen, aber das wird ein weiter Weg sein.“ Für die Zukunft wünsche er sich, dass der Presseclub auch weiterhin Jürgen Kösters Zuhause bleibt „und dass wir dich weiterhin regelmäßig sehen.“ Er fügte hinzu: „Als Leiter des Veranstaltungsausschusses hoffe ich, dass du weiter deine Ideen einbringst.“
 

Lutz Marmor

Lutz Marmor, ehemaliger NDR-Intendant und langjähriger Kuratoriumsvorsitzender des LeibnizRingHannover, bescheinigte Jürgen Köster, ein Macher zu sein, der ganz viele kreative Ideen habe und sie auch umsetze und der sich großartig vernetze. „Aber du kannst manchmal auch mit dem Kopf durch die Wand wollen. Wenn du von etwas überzeugt bist, dann setzt du dich ein. Und halbe Sachen sind nicht dein Ding.“

Er finde, dass in Hannover vielleicht nicht genügend wahrgenommen wird, was der Presseclub für die Stadt bedeutet. „Da vernetzen sich die Menschen, das ist gut für die Branche – vielleicht sogar wichtiger denn je.“ Köster habe das dreißig Jahre großartig geleistet, gestaltet und weitergeführt. Und dann der LeibnizRingHannover: „Na, wo gibt’s denn so was? So etwas hier nach Hannover zu bringen. Die Idee zu haben und sie auch umzusetzen. Das strahlt weit über Hannover hinaus, das wurde überregional wahrgenommen. Das tut Hannover gut.“
 

Derk Oldenburg

Derk Oldenburg, bis Februar dieses Jahres im Vorstand der Sir-Greene-Stiftung des Presse Club Hannover, erinnerte sich an seine erste Begegnung mit Jürgen Köster 2007 in dem Berliner Restaurant „Fischers Fritz“. Nachdem der Professor, mit dem er dort war, sich nach der Vorspeise plötzlich verabschiedet hatte, weil ihm einfiel, dass er ja eine Vorlesung halten musste, sprach ihn ein Herr vom Nebentisch an: „Entweder Sie setzen sich zu mir – oder Sie essen Ihr Hauptgericht allein …“, was sich schnell als Beginn einer engen Freundschaft herausstellte, die bis heute anhält. Dass Jürgen Köster und er sich bei „Fischers Fritz“ kennengelernt haben, findet Oldenburg sehr passend, denn: „Der Fischer geht dorthin, wo sein Fang maximal ist. Er wirft seine Netze aus, er fährt raus, ganz mutig, auch wenn das Wetter schlecht ist. Und er bekommt seinen Fang.“ Und für ihn sei Jürgen Köster genau das – ein Fischer. „Du bist jemand, der genau weiß: Wie komme ich dahin, wo ich sein will?“. Davon habe er viel gelernt, und das bedeute ihm sehr viel.
 

Prof. Ulrich Reimers

Professor Ulrich Reimers berichtete über zwei sehr unterschiedliche Episoden, die ihn mit Jürgen Köster verbinden. Die erste stammt aus dem Norddeutschen Rundfunk. Jürgen Köster war 1988 an Bord gekommen – mit dem Auftrag, das Programm NDR1 Radio Niedersachen auf Vordermann zu bringen, das damals 800.000 Hörer hatte. Reimers kam 1989 als Technischer Direktor zum NDR in Hamburg. „Und ich hörte immer so Stories, was da in Hannover los ist.“ Köster hatte dort das Programm umgekrempelt, und die Mitarbeiter im Funkhaus Niedersachsen begannen sich zu weigern, das Programm, das er ausgesucht hatte, abzuspielen. „Denn es entsprach dem damaligen Stand der Überlegungen im Norddeutschen Rundfunk definitiv nicht.“ Aber es funktionierte: Die Hörerschaft war auf 2,3 Millionen gewachsen, als Köster nach Differenzen mit der neuen Funkhaus-Leiterin 1992 den NDR verließ. „Also kannte ich damals einen – wie soll ich sagen? – konfliktbeladenen Jürgen Köster aus der Entfernung“, so Reimers.

Dann kam das Jahr 2001, in dem Ulrich Reimers zu seiner Überraschung den LeibnizRingHannover erhalten sollte. „Und da hat er uns, meiner Frau und mir, einen Tag gestaltet – das war einfach atemberaubend. So etwas hatte ich bis dahin noch nie erlebt. So ein wunderbares Programm. So charmant, sowas von einfühlsam“, schwärmte der Preisträger über den Tag der Verleihung, den Jürgen Köster für ihn organisiert hatte. Kein Wunder, dass Reimers nicht nur Fördermitglied des Presseclubs wurde, sondern auch immer wieder gern an den Leibniz-Ring-Verleihungen teilnimmt!
 

Carmen Thomas   Carmen Thomas

Carmen Thomas Journalistin, Autorin, Dozentin und Kuratoriumsmitglied der Sir-Greene-Stiftung – überraschte Jürgen Köster mit einem liebevoll gestalteten „Geschäftsbericht“, der unter anderem diese Aussagen anschaulich illustrierte: „Als du vor dreißig Jahren mit dem Presseclub begannst, war nur eine Kontur dessen sichtbar, was hier passieren sollte. Nun war die Aufgabe, innerhalb von kürzester Zeit Farbe in die Sache zu bringen. Und das hast du geschafft. Du bist ein farbiger Mensch, weil du so viel dich traust und so unkonventionell bist. Und weil du eine Sache kapiert hast, die auch hier drin steht. Japanische Unternehmensphilosophie: Auch ein beweglicher Teil in einem starren System verändert das Ganze. Wenn du dich bewegst, bewegt sich das Profil von selbst. Das hast du immer geschafft.“

Carmen Thomas beschrieb Köster als „super-engagierten Menschen“ und großen Netzwerker, der sich bei seiner Karriere immer an Archimedes orientiert habe („der war ja der Spezialist für Auftriebschancen“). Sein Ausscheiden aus dem Amt des Vorsitzenden finde sie gut, denn „es ist toll aufzuhören … und was Neues zu beginnen.“ Für seine „vierte Lebenshälfte“ wünsche sie ihm, dass er alles mit der Leidenschaft und der Herzlichkeit tun werde, die ihn so auszeichnen.
 

Rainer von der Straße

Reiner von der Straße, Fördermitglied des Presse Club Hannover, lebt seit mehr als dreißig Jahren in Sachsen-Anhalt. Als gebürtiger Niedersachse versuche er mit seinem Unternehmen, „die Verhältnisse zwischen unseren Bundesländern gut zu gestalten und positiv zu beeinflussen, was nicht immer leicht ist.“ Trotzdem habe er den Mut nie verloren, „insbesondere weil wir auch Menschen kennenlernen, die Mitstreiter sind und Mut machen und die uns Wege zeigen, auf die wir vielleicht alleine nicht gekommen sind. Und so ein Mensch ist Jürgen Köster. Dem nichts zu weit und nichts zu viel ist.“ Köster sei immer wieder in die „Provinz“ gekommen ist, um einen ganzen Tag mit ihm zu verbringen und gemeinsame Dinge zu entwickeln. „Ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du dir diese Zeit immer genommen hast.“ Er überreichte Jürgen Köster einen kleinen Schutzengel mit dem Wunsch, dass dieser ihm Glück und Gesundheit bringen und dafür sorgen möge, dass er ein fröhlicher Mensch bleibt.
 

Dr. Sabine Wilp

Die neue kommissarische Vorsitzende Sabine Wilp dankte allen Rednern dafür, dass sie ihre sehr persönlichen Erinnerungen und Erfahrungen geschildert haben, allen Teilnehmern dafür, dass sie dabei waren, und ganz besonders Karin Lahmann, „dem ruhenden Pol im Presseclub, ohne den gar nichts geht.“ Und sie bedankte sich bei Jürgen Köster „für das Vertrauen, das du mir entgegengebracht hast, und für alles, was wir bisher zusammen hier gestemmt haben. Ich kann mir nur wünschen, dass du nicht aus den Augen, aus dem Sinn bist, sondern immer da bist.“

Das Schlusswort gehörte Jürgen Köster: „Ich bin tief bewegt. Erstmal, dass ihr alle da seid. Dass wir uns so gut verstehen.“ Er wünsche allen Anwesenden, dass sie dem Presseclub treu bleiben. Denn: „Ein Presseclub funktioniert auch ohne Köster. Das letzte Jahr ist das ja schon ganz gut gelaufen – sodass ich gesagt habe, ich kann wirklich gehen. Und das wünsche ich euch: weitermachen, Freude haben. Das Leben ist schön!“

Anschließend ließen die Gäste bei Fingerfood und anregenden Gesprächen eine Veranstaltung ausklingen, die letzten Ende beides war: unterhaltsam wie ein TikTok-Video und bewegend wie eine Wagner-Oper.


Bericht: Susanne Melchior
Fotos: Karin Lahmann, Thomas Borcholte


Die Presse-Information „Ende einer Ära: Jürgen Köster hat den Vorsitz des Presse Club Hannover niedergelegt“ können Sie hier lesen.