Auf deutschen Straßen: Verkehrssicherheit und Wandel der Mobilität

Matthias Braun

Einen Abend ganz im Zeichen des Straßenverkehrs erlebten die Mitglieder und Gäste des Presse Club Hannover am 29. Oktober 2019. Referenten des Abends waren Nicolai Engel, Geschäftsführer der Landesverkehrswacht Niedersachsen e.V., und Matthias Braun, der langjährige Generalsekretär des Automobilclubs von Deutschland (AvD).

Engel ging in seinem Vortrag mit Präventions- und Verkehrssicherheitsprogrammen besonders auf die niedersächsischen Verkehrsunfallzahlen ein. Zwar sei die Zahl der Verkehrsunfälle im Jahr 2018 um 1,9 Prozent gegenüber dem Jahr 2017 zurückgegangen. Doch sei die Zahl der tödlich verletzten Unfallopfer im Betrachtungszeitraum um 3,5 Prozent auf insgesamt 417 angewachsen. 2017 verunglückten „nur“ 403 Personen tödlich auf Niedersachsens Straßen. 

Besonders oft ereigneten sich nach Engels Worten Verkehrsunfälle mit Todesopfern 2018 auf Landstraßen. Etwa zwei Drittel der 417 Todesopfer verunglückten nach Angaben des Fachmanns auf Kreis-, Landes- und Bundesstraßen. Insgesamt sei die Zahl der tödlich verletzten Unfallopfer auf Landesstraßen aber rückläufig, sagte Engel. Einen Unfallschwerpunkt macht nach wie vor die BAB A2 aus. 

Zu den Risikogruppen zählen nach Engels Worten Senioren ab 65 Jahren, bei denen ein leichter Anstieg auf 128 Todesopfer zu verzeichnen war. Dabei waren mehr als die Hälfte von ihnen zu Fuß, mit den Fahrrad oder dem Pedelec unterwegs. Generell hätten auch die im Straßenverkehr getöteten Radfahrer zugenommen. 

Eine weitere Risikogruppe seien Kinder bis 14 Jahre und junge Heranwachsende. Bei den Kindern ist mit 12 getöteten gegenüber 7 im Jahr 2017 eine starke Zunahme zu verzeichnen und bei den jungen Heranwachsenden kamen mit 55 Todesopfern 10 Prozent mehr ums Leben. 

Als Hauptunfallursachen nannte Engel nach wie vor Vorfahrtsmissachtung, zu geringen Abstand, Fehler beim Überholen und Abbiegen sowie zu hohe Geschwindigkeit. 

Neben dem Unfallgeschehen auf Niedersachsens Straßen  stellte Engel auch die Aufklärungsmaßnahmen der Landesverkehrswacht vor. Zu den bekanntesten zählen die Plakataktion "Tippen tötet", mit der die Ablenkung am Steuer durch die Nutzung des Mobiltelefons vermindert werden soll, sowie Verkehrssicherheitsprogramme wie "Fit im Auto" oder neue Angebote wie "Fit mit dem Pedelec" als Antwort auf die steigenden Zahlen im Fahrradverkehr. Im Fokus der Landesverkehrswacht seien dabei vor allem auch ältere Verkehrsteilnehmer, betonte Engel.

Es folgte eine angeregte Diskussion mit den Zuhörern darüber, welche Maßnahmen sinnvoll erscheinen, um die Unfallzahlen zu verringern.

Mit dem Wandel der Mobilität auf den Straßen befasste sich anschließend Matthias Braun. Braun war viele Jahre Generalsekretär des ältesten Automobilclubs in Deutschland, der 1899 zuerst in Berlin als Deutscher Automobilclub (DAC) gegründet und seit 1905 als Kaiserlicher Automobil-Club (KAC) weitergeführt wurde. Seit Ende des 1. Weltkriegs führt der Club den Namen Automobilclub von Deutschland (AvD). 1948 wurde der heutige Automobilclub von Deutschland e. V. mit Sitz in Frankfurt am Main wiedergegründet.

Aus Sicht von Matthias Braun sitzen die beim derzeitigen Wandel des Individualverkehrs führenden Unternehmen in den USA. Mit den weltweit dominierenden modernen Kommunikations- und Elektromobilitätsunternehmen werden sie Deutschland als bisher klassisch führender Autonation den Rang ablaufen. Insbesondere China setzt verstärkt auf Elektromobilität, zudem sind China und Südkorea führend in der Herstellung von Lithium-Batterien für Automobile. Deutschland müsse sich sehr anstrengen, den Wandel in der Automobilindustrie nicht zu verpassen und habe zu lange damit gewartet, sagte der Fachmann.

Schon während des Vortrags entbrannte eine sehr angeregte und teilweise hitzige Debatte, welches Fahrzeug-Antriebskonzept das bessere sein könnte. Ein Teil der Zuhörer vertrat dabei vehement die Auffassung, dass die von der Bundesregierung geförderten und mittlerweile von den deutschen Automobilherstellern forcierten Lithium-Batterie-getriebenen Elektrofahrzeuge keineswegs „die“ Lösung für die Zukunft sind. Zu groß seien die Umweltschäden bei der Rohstoffgewinnung, zu viel Energie verschlinge die Herstellung und auch die Entsorgungs- und Ladekapazitäten seien noch nicht wirklich final geklärt, lautete die einhellige Meinung vieler Teilnehmer.

Hinzu kämen die kurze Reichweite und die nach wie vor hohen Anschaffungskosten, was berufstätige Pendler nicht zum Umstieg von den derzeit noch aktuellen Verbrennungsmotoren bewegen würde. 

Natürlich war auch von der unrühmlichen Rolle einiger deutscher Automobilhersteller beim sogenannten Abgasskandal an diesem lebhaften Abend die Rede. Andere Möglichkeiten wie Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge wurden ebenfalls als Zukunftstechnologien diskutiert. 

Auch die dringend notwendige Verbesserung des öffentlichen Fern- und Nahverkehrs war Gegenstand und dass hier insbesondere Versäumnisse bei der Deutschen Bahn gegeben sind. 

Unterschiedliche Auffassungen waren beim Verhalten von Fahrradfahrern im Straßenverkehr zu vernehmen. 

Insgesamt konnte in der Diskussion keine die Probleme vorrangig lösende Technologie bzw. Mobilitätsart gefunden werden. Die Teilnehmer des Abends waren auch nach dem offiziellen Teil weiter intensiv in Gesprächen vertieft.

Besonderer Dank gilt an dieser Stelle unserem Schatzmeister Henning Schulze, der die Referenten für diesen äußerst lebhaften und erkenntnisreichen Abend gewinnen konnte. 

Bericht: Henning Schulze und Torsten Hamacher
Fotos: Karin Lahmann und Torsten Hamacher