Urban Mining – Die Stadt als Rohstoffquelle

Kornelia Huelter

Mit einer „Wohlfühlbotschaft“ begann Kornelia Hülter am 25.9. ihren Vortrag im Presse Club Hannover: Die Deutschen sind EU-Meister – und damit ja wohl Weltmeister – in der Mülltrennung. Wer hätte das (nicht) gedacht? Gewiss, wie viel Müll wir erst einmal erzeugen, um uns dann irgendwann seiner zu entledigen, steht auf einem anderen Blatt. Aber wenigstens beim Auseinanderklamüsern des Unrats macht uns keiner so leicht etwas vor.

Leider nehmen wir als Bürger damit nur einen sehr begrenzten Ausschnitt des Gesamtthemas „Abfallwirtschaft“ wahr: die Mülltrennung als quasi-moralische Bürgerpflicht, die Gebührenbescheide der Kommune, im Herbstwind umher fliegende gelbe Säcke, fragwürdige Altkleidersammlungen, anscheinend immer neue Abfalltonnen bei begrenztem Stellplatz – für Otto Normalverbraucher ist es insgesamt wohl ein lästiges Thema, auf das die aha-Verbandsgeschäftsführerin die Aufmerksamkeit ihres Publikums im Presse Club mit facettenreichem Fachwissen und dabei engagiert und humorvoll lenkt.

Abfallbewirtschaftung in einer modernen Großstadt, das ist für Hülter aber nicht nur eine Frage von Effizienz und Kostenrechnung bei sozial zuträglichen Arbeitsbedingungen, sondern eine neue, viel weitergehende Sicht auf die Stadt als künftige Rohstoffquelle. Mehr als die Hälfte der in Deutschland entstehenden Gesamtabfallmenge von jährlich rund 387 Millionen Tonnen sind nämlich Bau- und Abbruchschutt. Ziegel, Steine und Beton gehen in Zerkleinerungsanlagen und danach in die Wiederverwertung, Metalle werden aussortiert, Holz und erst recht Glas oder Kunststoffrohre aber schon viel weniger.

Und das „urbane Lager“ wächst – auf jeden Hannoveraner kommen inzwischen rund 350 Tonnen an „Lagerbestand“, der ober- und unterirdisch in mannigfaltiger Form verbaut ist. Zum Vergleich: Jeder Bürger dieser Stadt erzeugt im Jahr gerade einmal 175 Kilogramm Restmüll. Eine Datensammlung, die aufzeigt, wo welche der gefragten Rohstoffe verbaut sind, ist jedoch noch nicht einmal im Ansatz vorhanden.

Ein besonderes Augenmerk legte die gebürtige Bielefelderin, die bereits in einer Reihe von Kommunen in Deutschland tätig war und seit 2006 die aha leitet, auf den Elektroschrott. Millionen von Handys, PCs, Laptops, Tablets, Digi-Cams etc. – natürlich mit den entsprechenden Akkus – gehen jährlich auf den Müll, und mit ihnen tausende Tonnen wertvoller Rohstoffe, zum Beispiel 20 Prozent der Weltjahresproduktion an Palladium und Kobalt. Die für viele High-Tech- und Konsumprodukte unentbehrlichen seltenen Erden, hauptsächlich in China abgebaut, tragen ihren Gattungsnamen ja aus gutem Grund. Mittlerweile gibt es sogar eine Art Rote Liste für Yttrium, Niob und Co. Ein gezieltes Recycling fängt da bereits bei der Entwicklung von neuen Produkten an, so aha-Chefin Hülter.

 

Bericht: Klaus Altmann